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Scherben, |
Eberleins Erbe in den wilden 60ern Große Teile des Werkes zerstört In der Eröffnungsveranstaltung berichtete Prof. Rolf Grimm, Vorsitzender der Gustav-Eberlein-Forschung e.V., anhand von Diapositiven über die Bergung und Restaurierung der 1982 von dem Verein auf dem Dachboden über dem Museum im Schloß als Fußbodenpacklage aufgefundenen Gipstrümmer von Originalmodellen sowie von beschädigten Gemälden des Bildhauers, Malers und Poeten Gustav Eberlein. Im INTERNET kann in einer reich bebilderten Veröffentlichung über die Bergung und Restaurierung nachgelesen werden. Der in Spiekershausen (Staufenberg/Nds.) geborene Maler und Bildhauer Prof. Gustav Eberlein, zur "Berliner Bildhauerschule des 19. Jahrhunderts" gehörend, hatte seit 1894 im Schloß seiner Heimatstadt Hann. Münden eines der größten Künstlermuseen im damaligen Preußen auf eigene Kosten eingerichtet und die Skulpturen und Gemälde der Stadt Hann. Münden unter der Bedingung geschenkt, daß sie erhalten bleiben müßten und daß Abgüsse nur unter staatlicher Aufsicht erfolgen dürften, wie ein Brief Eberleins an die Stadt vom 11.8.1894 belegt. Es handelte sich um kostbare Originalgipse, die vom Tonmodell abgenommen waren und die dann als Vorlage oder Form für die Herstellung von Marmor- und Bronzestücken dienten. Die meisten dieser Gipsmodelle waren unersetzliche Unikate. Im Museum Münden wurden viele dieser Werke schwer beschädigt oder kamen abhanden. |
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Prof. Grimm ging auf die Umstände der in dieser Form beispiellosen "Mündener Kunstvernichtungsaktion" ein. Über die rd. 190 im Museum Münden zur Zeit vorhandenen Skulpturen und Skulpturenreste sowie 11 Gemälde hinaus ist ein Großteil der Skulpturen und Gemälde verschollen bzw. auf Müllhalden in Meensen bei Göttingen und Hann. Münden gelandet. Ursache der Schäden Die größten Verluste mußte das Museum hinnehmen, als im Frühjahr 1960 bei der
Erneuerung des Fußbodens im Dachraum des Schlosses durch das städtische Bauamt eine
Vielzahl von überwiegend sehr qualitätvollen Skulpturen, die im Wege standen, entfernt
und andere zu einer Fußbodenpacklage zerkleinert wurden. Über diesen Vorgang liegt ein Aktenvermerk
des Nieders. Landeskonservators vom 20.12.1960 vor, der die diesbezüglichen Aussagen
des damaligem Museumsleiters, der seine Unschuld beteuert, enthält. Es heißt dort
wörtlich: |
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Auch noch nach 1960 sind mit großer Wahrscheinlichkeit Skulpturen vom Dachboden "entfernt" worden. Unter anderem fand Prof. Grimm zwischen den Gipsbrocken, neben denen auch Reste von zerschlagenen Mündener Fayencen lagen, eine Bildzeitung vom 24.5.1967. Ein Teil der Skulpturen war in eine stillgelegte Zellulosefabrik in Hann. Münden (Schulzenrode), welche die Stadt am 12.7.1961 angekauft |
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hatte und deren Gelände seit 1958 als Deponie
für Hausmüll und Bauschutt genutzt wurde, ausgelagert worden. Dort ebnete man die
Kunstwerke bei dem Abriß des Magazingebäudes 1968 mit ein. In einem Artikel des
Göttinger Tageblattes vom 8.1.1964 heißt es: Bei einem Besuch in den Räumen der alten Cellulose-Fabrik in Schulzenrode fiel der Blick auf einen Stapel von Werken der Bildhauerei. Es war ein Großteil der Werke von Eberlein. Wirr lagen und standen die mehr oder weniger beschädigten Werke herum, der weiteren Zerstörung ausgesetzt. Sind sie wirklich so uninteressant und wertlos? In einem Artikel des verstorbenen Mündener Ortsheimatpflegers Dr. Brethauer in der Mündener Allgemeinen vom 29.6.1969 sind Reste von in der Zellulosefabrik gelagerten, beschädigten Gipsgruppen abgebildet, darunter Teile der Gruppe "Friedrich der Große stirbt in den Armen des Grafen von Hertzberg" und Teile vom (1.) Wettbewerbsentwurf zum Richard-Wagner-Denkmal im Berliner Tiergarten. Zwischen 1972 und 1975 "rettete", wie Prof. Dr. Peter Bloch es gegenüber Prof. Grimm nannte, die Skulpturengalerie Berlin drei qualitativ hochstehende Original-Gipsskulpturen und zahlreiches Zeichen- und Textmaterial, mit ziemlicher Sicherheit auch Gemälde. Während im Museum Hann. Münden noch kein einziges Werk von Gustav Eberlein inventarisiert ist, wurde dieses in Berlin mit dem aus Münden verbrachten "1. Entwurf zum Goethedenkmal in Rom" getan (Inv.Nr. SKG 22/72). Die ebenfalls aus Münden stammende Gipsgruppe "Venus fesselt Amor" war bis zur Schließung der Abteilung in der Skulpturengalerie in Berlin-Dahlem ausgestellt. Heute befindet sie sich im Magazin der Alten Nationalgalerie. Ein Teil des Materials, das 1975 von dem Kunsthistoriker Dr. Dreyer mit der Spedition Dörnte nach Berlin verbracht wurde, unter anderem das Gipsoriginal zur Gruppe "Venus züchtigt Amor", befindet sich heute leider in Privathand in Krefeld und Berlin. Es sollte von der Stadt Hann. Münden möglichst bald zurückgefordert werden. Dieses gilt ebenso für den Torso einer Portraitbüste Kaiser-Wilhelm-II, der 1979 aus dem Museum nach Krefeld transportiert wurde. Der Kopf dieser Büste wurde in Münden im Schutt gefunden und restauriert. Prof. Grimm trat mit seinen Ausführungen ganz entschieden der in der "Mündener Allgemeinen" am 28. Juni 1997 getroffenen Aussage des Leiters des Archivs und des Museums entgegen, der ausgeführt hatte: Bei Kriegsende 1945 und kurz danach erlitt das Museum erhebliche Verluste, die es in die Reihe der am meisten betroffenen niedersächsischen Museen brachten. (s. Museumsgeschichte und Göttinger Tageblatt v. 18. 7. '97). Zumindest Kunstwerke Eberleins sind nach der Darlegung von Prof. Grimm nicht im Kriege beschädigt worden oder abhanden gekommen, für die zahlreichen anderen Kunstschätze und archäologischen Funde, die heute vermißt werden, hält er es für sehr unwahrscheinlich. Schon in einem ganzseitigen, bebilderten Artikel in der Mündener Allgemeinen vom 2.3.1972 mit der Überschrift Unwiederbringlich verloren Die Werke Gustav Eberleins war über die "Verluste" im Museum Münden spekuliert worden: Sicherlich ist es nicht abwegig, daß den Siegern von 1945 die Büsten deutscher Heerführer und Kaiser ein Dorn im Auge waren und sie den deutschen Militarismus auch im Bild ausrotten wollten, wobei sie das Zerstörungswerk dann auf "harmlose" Figuren ausdehnten. Merkwürdig erscheint allerdings die Tatsache, daß diese Soldaten das eigentliche Museum verschonten und sich nur an die im Dunkel auf dem Dachboden stehenden Werke hielten. Der Artikel schließt mit den Worten: Eine Wiederherstellung soll wegen der starken Beschädigungen unmöglich sein, da die Gesichtszüge irreparabel verdorben sind. Vielleicht unternimmt man doch noch einen letzten Versuch? Restaurierung Dieser Versuch wurde unternommen. 1982 wurden in einer Art "Geheimaktion" von
Mitgliedern der Gustav-Eberlein-Forschung die ersten Bodendielen auf dem Dachboden des
Museums im Schloß aufgenommen. Dieses wertete das Staatshochbauamt Göttingen als
Sachbeschädigung. 1983 nahm sich dann die Stadt Hann. Münden organisatorisch der Sache
an, nachdem der Gustav-Eberlein-Forschung ein Zuschuß in Höhe von DM 2000,- vom Nieders.
Ministerium für Wissenschaft und Kultur für die Bergung der Scherben in Aussicht
gestellt war. Prof. Dr. Arndt und Prof. Dr. Herzog unterstützten die Arbeiten mit der
kostenfreien Erstellung von Gutachten. |
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